Subtile Botschafter: Welche Schrift für Magazin, Folder und Co.?

Lebendig mit Northwell oder freundlich mit Bree? Wie Print- und Onlineprodukte wirken, hängt stark von den Schriften, auch Fonts genannt, ab. Doch welcher Typo-Stil passt zu wem? Egger-&-Lerch-Grafikerin Sabine Peter über Auswahlkriterien und Modetrends in der Typografie.

Was muss man bei der Auswahl von Magazin-Schriften beachten?
Sabine Peter: Zunächst kommt es auf die Funktion an: Titel oder Fließtext? Davon hängt ab, ob die Schrift optimal lesbar, dekorativ oder ein Eyecatcher sein soll. Bei Headlines, Anreißern oder Zitaten steht die Wirkung im Vordergrund: Soll die Schrift seriös, dynamisch, technisch oder elegant daherkommen, um den Inhalt passend zu transportieren? Und welche Ziel- und Altersgruppen will ich ansprechen?



Bei der Typografie von Fließtexten geht’s hingegen vor allem um die optimale Lesbarkeit: Wer seine Leser bei der Stange halten will, wählt eine Schrift, die als angenehm empfunden wird und auch kleiner gedruckt schnell und leicht erfassbar ist. Andernfalls legt der Leser das Magazin rasch aus der Hand – vermutlich, ohne selbst so genau zu wissen, warum.

 

Der Name ist Programm: Das Reisemagazin „Fernfreude“ will Urlaubsstimmung verbreiten. Die Handschrift „Northwell“ vermittelt Leichtigkeit, Lebendigkeit – ein Eindruck, der durch die Farbgebung noch verstärkt wird. Beim Magazin „ELO, das Magazin für Elektromobilität“ sind hingegen Kraft und Dynamik das Thema – verdeutlicht durch den Schriftschnitt „Stag Sans Bold Italic“. Im Magazin der Diakonie wiederum geht es um menschliche Nähe. Aus diesem Grund kommt hier als Font „Bree“ mit ihren runden, freundlichen Formen zum Einsatz. 


Leicht, kraftvoll, menschlich: „Fernfreude“, „ELO“ und Diakonie-Magazin

Je kürzer ein Text, desto ausgefallener und ungewöhnlicher kann die Schriftart sein. In diesem Fall setzt sie Akzente und sollte sparsam eingesetzt werden. Bei „ELO“ beispielsweise findet sich der markante Magazinkopf-Font auf ausgewählten Doppelseiten als Rubriktitel wieder: 

  

 

Wie suchst du Fonts für ein neues Projekt aus? 
Normalerweise baue ich den Entwurf für ein Mitarbeitermagazin oder eine Kundenzeitschrift auf dem vorhandenen Corporate Design auf. Hier kann es sein, dass neben der Hausschrift bereits Schriftkombinationen vorgegeben sind – dann gilt es, trotz enger typografischer Vorgaben die Spielräume auszuloten. Meistens arbeiten wir aber mit einer Kombination aus einer vorgegebenen Schrift und einer oder mehreren weiteren Schriften. Habe ich komplett freie Wahl, suche ich eine Schrift, die von ihrem Charakter her dem Inhalt in die Hände spielt. Daraus leite ich die weiteren Schriftkombinationen ab. 

Was musst du bei der Konzeption der Typografie noch mitbedenken? 
Natürlich ist auch wichtig, zu wissen, ob das Magazin als Print- und/oder Onlineausgabe erscheint. In jedem Fall müssen die gewählten Schriften die erforderlichen technischen Voraussetzungen erfüllen: Sind beispielsweise für mehrsprachige Publikationen die erforderlichen Sonderzeichen vorhanden? Dies sollte man gleich zu Beginn klären, sonst muss man später vielleicht von vorne beginnen.

Wie haben sich Schriften im Laufe der Zeit verändert? Gibt es hier Trends?
Ja, das ist nicht anders als in der Mode oder in der Architektur. Einmal sind fette Schriften gefragt, dann wieder zarte, leichte Fonts. Manchmal geht der Trend in Richtung ausschweifend und verspielt und dann wieder in Richtung klar und reduziert. Diese Trends fließen auch in die Magazingestaltung ein – allerdings muss man hier mitbedenken, dass das Design meist mehrere Jahre lang verwendet wird, also nachhaltig sein sollte.

Im Laufe der Schriftgeschichte waren die Formen übrigens eng mit dem verwendeten Werkzeug verbunden: So sieht eine in Stein gemeißelte Schrift naturgemäß anders aus als eine mit Federkiel auf Papier geschriebene. Seitdem Schriften digital entworfen werden, sind der Gestaltung allerdings keine Grenzen mehr gesetzt. 

Hast du eine persönliche Lieblingsschrift?
Das ist schwierig (lacht). Interessant finde ich gerade „Nocturno“, eine kraftvolle Serifenschrift. Sie eignet sich ausgezeichnet für den Fließtext und gibt auch eine tolle Headlineschrift ab. Mit ihr würde ich gerne mal ein Magazin verwirklichen. Das wäre ein spannendes Projekt.

 „Nocturno“ und „Nocturno Display“.

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Sabine Peter ist seit 2002 bei Egger & Lerch
als Grafikerin tätig und betreut unter anderem
die Magazine „Hernsteiner“„Ahoi“
„Granatapfel“ und „Future“

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