Rechtschreiben von der Pike auf
Seit zehn Jahren arbeitet die Oberösterreicherin Iris Erber als Lektorin für Egger & Lerch. Im Interview spricht sie über das Gendern, „schwierige“ Texte und den Unterschied zwischen Korrektorat und Lektorat.
Wie bist du auf deinen Beruf gekommen?
Das Schreiben und Verbessern von Texten gehörte schon immer zu meinen Lieblingsaufgaben. Als Wifi-Trainerin habe ich ab 2003 Kurse für neue Rechtschreibung geleitet und mich dafür intensiv mit dem Regelwerk auseinandergesetzt. Dann suchte eine Tageszeitung Verstärkung fürs Korrektorat, und dort habe ich das „Handwerk“ von der Pike auf gelernt: Ganz oldschool mit Rotstift, Korrekturzeichen, Wörterbüchern und einer Mappe mit Eigennamen und Haus-Schreibweisen. Inzwischen arbeite ich selbstständig von zuhause aus – und natürlich am Computer.
Wie lange arbeitest du schon für Egger und Lerch und was machst du hier genau?
Für Egger & Lerch arbeite ich seit zehn Jahren freiberuflich als Lektorin. Das geht vom Magazin ELO über fernfreude und OeKB Relevant bis zu diversen Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten. Meistens bekomme ich von der zuständigen Grafikerin das fertige Heft für das erste oder zweite Lektorat per E-Mail. Nach wenigen Tagen sende ich das PDF mit meinen Korrekturen und Anmerkungen wieder zurück, und in der Agentur werden die Änderungen eingearbeitet.
Was genau unterscheidet das Lektorat vom Korrektorat?
Ein Lektorat geht über die reine Korrektur von Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung hinaus. Hier wird der Text auch stilistisch oder sogar inhaltlich optimiert, so dass er in sich stimmig und gut lesbar ist. Wenn mich etwas irritiert, füge ich auf jeden Fall Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge ein. Die Redakteurin oder der Kunde kann dann immer noch über die gewünschte Formulierung entscheiden.
Gibt es Themen bzw. Texte, die dir schwerer fallen als andere?
Klar gibt es Themen, die mich persönlich mehr interessieren als trockene oder technische Materie. Aber grundsätzlich lässt sich alles gut lesen, was redaktionell und grafisch ansprechend aufbereitet ist.
Inhaltlich tu ich mir schwer damit, wenn Werbetexte „das Blaue vom Himmel“ versprechen oder Superlative so inflationär eingesetzt werden, dass das Ganze damit unglaubwürdig wirkt. Ärgern kann ich mich auch über nichtssagenden Marketing-Sprech oder Texte, die für interessierte Leser mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern.
Welche Texte sind besonders schwierig zu lektorieren?
Relativ aufwändig sind Texte, die gespickt sind mit Eigennamen und Anglizismen, vorwiegend aus der Marketing- und Medien-Welt: Gilt jetzt Groß- oder Kleinschreibung? Getrennt, zusammen oder mit Bindestrich? Was macht die deutsche Grammatik mit dem englischen Wort ... Diese Zweifelsfälle lassen sich nicht so einfach nachschlagen. Eine andere Herausforderung ist das Gendern: Da hat jeder Auftraggeber andere – oder auch gar keine – Richtlinien. Das führt oft zu Konflikten zwischen geschlechtergerechter Sprache, Orthografie, Lesbarkeit und Optik. Und natürlich gilt es auch, die Kundenwünsche zu berücksichtigen, die nicht immer Duden-konform sind. Für jedes Magazin führe ich eine Liste mit dem firmeninternen Wording, die ich immer wieder ergänze, damit die Schreibweisen in jeder Ausgabe einheitlich ausfallen.
Was gefällt dir am meisten bzw. am wenigsten an deiner Arbeit?
Die freie Zeiteinteilung kommt mir sehr entgegen, besonders seit ich Mutter bin. Ich bin ja durch meine Arbeit quasi gezwungen, Artikel aus den unterschiedlichsten Branchen zu lesen. So bekomme ich nebenbei eine Menge Informationen und Einblicke in verschiedene Wirtschafts- und Lebensbereiche.
In der Freizeit habe ich jedenfalls nicht mehr viel Lust, ein Buch oder Magazin zu lesen ;-)
Man könnte meinen, es macht Spaß, möglichst viele Fehler zu finden, aber ich muss sagen: Es macht mir mehr Freude, die fast perfekte Arbeit einer Agentur noch zu optimieren. Ich kenne auch weniger gelungene Rohtexte zur Genüge und schätze daher die Professionalität von Egger & Lerch sehr.
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Foto: © Hermann Erber
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