Homeoffice: „Alle gesund?“, fragt die Kollegin

Von daheim zu arbeiten ist anders, seltsam, stressig. Aber: Schön zu sehen, dass man als Team erst recht zusammenhält.

Meine Kollegin Ulli und ich brainstormen. Wir sitzen zusammen und überlegen uns Themen, die mit Corona zu tun haben – ohne allzu wissenschaftlich zu sein. Wir wollen einem Kunden ein aktuelles Online-Format anbieten. Kurze Info-Artikel, die sich gut in Social Media teilen lassen. Dabei stecken wir die Köpfe zusammen, aber nur virtuell: Ulli sitzt in ihrer Wohnung im 7. Bezirk Wiens. Ich in meiner auf der anderen Seite der Stadt. 

Team-Meeting in „Teams“
Unsere Gesprächsplattform ist Microsoft Teams. Am Laptop chatten wir in einem eigenen Projektkanal: Schwarze Schrift auf blass-blauem Grund. Pling: Ein Vorschlag poppt auf. Dann meine Einschätzung und ein Gegenvorschlag. Man gibt ein „Daumen-hoch“, um zu zeigen, dass man eine Idee gut findet, oder postet ein Foto, um zu verdeutlichen, was man meint. Andere Kolleginnen und Kollegen können in den Kanal schauen und auch Vorschläge machen. Wenn’s zu kompliziert wird oder schnell gehen muss, WhatsAppen wir oder rufen einander – ganz Old School – an. 

Digitaler Zuruf über den Schreibtisch
So geht also Homeoffice. Seit Wochen haben wir uns gefragt, wie so ein Szenario aussehen könnte. Jetzt wissen wir es. Es ist seltsam. Für die von uns, die Kinder haben, ist es stressiger. Aber es ist auch schön zu sehen, dass man sich aufeinander verlassen und auch über die Distanz für Themen begeistern kann. Und dass man die anderen spürt. Das Team antwortet online fast genauso schnell, als riefe man nur – wie gewohnt – quer über den Schreibtisch.

Corporate Publishing meets Volksschule
Bei Telefonaten mischt sich jetzt Berufliches mit Privatem: „Alle gesund?“, fragen wir. Die Kollegin hat drei Kinder. Ich habe zwei. Und natürlich sind alle fünf im Hintergrund zu hören. Die von uns, die Kinder haben, erledigen momentan zwei Jobs, den einen für Egger & Lerch. Den anderen als Homeschooling-LehrerInnen. Denn seit Anfang der Woche (17. März 2020) sind die Schulen auf Notbetrieb umgestellt und die Kinder lernen daheim. Von ihren LehrerInnen haben sie einen dicken Stapel Arbeitsblätter bekommen, mit dem sie alleine wenig anfangen. Man muss ihnen die richtigen raussuchen, Aufgaben stellen, einen Zeitplan erarbeiten. Die erledigten Arbeiten muss man besprechen und korrigieren, ohne den Kindern die Lust zu nehmen. Zwischendurch nimmt man ihnen das Handy weg, schimpft, ärgert sich, legt gemeinsam eine kleine Fitnesseinheit mit der App Seven ein oder backt Muffins, weil in einer duftenden Wohnung alles leichter geht. Und natürlich bringt einen all das aus der Konzentration.

Das Berufliche wird privat, das Private beruflich
Homeoffice ist eine Herausforderung. Aber es ist schön zu sehen, dass die Grafikerin mit der gleichen freundlichen Ruhe reagiert. Alles läuft. Im Google-Kalender sieht man, wer gerade im Office-Modus ist. Das ist beruhigend. Denn sicher ist in diesen Zeiten wenig. Wie geht es wirtschaftlich weiter? Die beiden Zeitschriftenprojekte, an denen ich zuletzt im „echten“ Büro gearbeitet habe, sind von Corona betroffen. Eines – ein Reisemagazin – war praktisch fertig, wurde aber bisher noch nicht gedruckt. Reisen will derzeit einfach keiner buchen. Ein anderes fertiges Projekt wurde verschoben, dann aber doch gedruckt. Ein Jubiläumsfest, das im Zentrum der Publikation stand, fand wegen Corona nicht wie geplant statt. Flexibilität ist gefragt. Bei aktuellen Projekten wird es immer schwieriger, InterviewpartnerInnen zu finden. Die meisten haben jetzt anderes im Kopf. Wer sich aber Zeit nimmt, erzählt persönlicher, privater, empathischer – die Gespräche, die stattfinden, sind meistens gut.

Persönlich werden: Jetzt erst recht!
Das Virus ändert alles. Aber gerade deshalb ist es wichtig, darüber zu schreiben. Professionalität kann momentan nicht heißen, so zu tun, als ob nichts wäre. Es ist etwas. Mischen wir doch bewusst beruflich und privat, fragen wir die anderen, wie es geht! Arbeiten, schreiben, konferieren und interviewen wir persönlicher als zuvor. Machen wir das Beste aus einer Situation, die wir sowieso nicht ändern können, und vielleicht gelingt es uns am Ende, eine Portion persönlicher Wärme mitzunehmen in die Arbeitsnormalität danach.


Me, myself & my Macbook. Die Autorin am Schreibtisch daheim.

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