Liebe Chefs, redet mit euren Mitarbeitern!

Dürfen Führungskräfte über etwas sprechen, das sie nicht so genau wissen? Wie kommuniziert man mitreißend und ehrlich? Und was hat das mit Winston Churchill zu tun?

Welchem Ansteckungsrisiko sind wir ausgesetzt, wenn wir direkt im Betrieb arbeiten? Wie weit lassen sich unsere Geschäfte im Homeoffice abwickeln? Um wie viele Stunden lässt sich das Arbeitspensum reduzieren, damit das Unternehmen von der Kurzarbeitsregelung der Regierung profitiert? Werden wir in einem halben Jahr unsere Jobs noch haben?

Fragen über Fragen, die sich Mitarbeiter derzeit stellen – auf die es oft noch keine fundierten Antworten gibt. Und weil es die nicht gibt, kommunizieren manche Entscheidungsträger lieber gar nicht. Sie wollen durch ihre eigene Unsicherheit ihre Mitarbeiter nicht mitverunsichern. Schließlich haben wir alle irgendwann einmal gelernt, dass man nur kompetent wirkt, wenn man Sicherheit ausstrahlt. 

Alles ist besser als Funkstille
Wir können nicht warten, bis wir sicher und kompetent sind – schon gar nicht mit der Mitarbeiterkommunikation. Mit der Funkstille wächst nämlich die Verunsicherung erst recht. Mitarbeiter wollen wissen, was im Hintergrund läuft, um ihre Zukunft abzusichern – und zwar auch dann, wenn das Work in Progress und noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Alle dürfen scheitern! Alle?
Vielen Führungskräften fällt es allerdings schwer zu sagen, dass sie zwar an der Problemlösung arbeiten, aber das Ergebnis nicht kennen. Und das, obwohl doch vielerorts in den Betrieben mittlerweile eine sehr gute Fehlerkultur gelebt wird.

Moderne Führungskräfte wissen: Wer seine Mitarbeiter zu selbstbestimmtem, agilem Arbeiten motivieren will, muss das Scheiterndürfen zur Kultur erheben. Beispiele dafür gibt es zuhauf, beispielsweise im „Hernsteiner“, dem Leadership-Magazin des Hernstein Instituts, das schon 2018 eine eigene Ausgabe zum Thema Mut herausbrachte und dabei sehr stark auf den Mut zum Scheitern fokussierte.

Alle dürfen also auch einmal scheitern – außer die Führungskräfte. Sie haben nämlich in diesem Net-Work-Szenario die Rolle der Dirigenten, die, egal wer grad ein Solo spielt, die Partitur kennen und das Konzert erfolgreich ablaufen lassen müssen. Was aber, wenn plötzlich das Notenblatt weg ist – man an die bisherigen Strategien nicht einfach anknüpfen kann? Dann sind das Aussenden und Einfangen von Signalen, also Kommunikation, umso wichtiger.

Motivation statt fertiger Antworten
Diese Kommunikation darf und muss anders sein als in Business-as-usual-Zeiten. Jetzt kann der Chef vielleicht nicht jede Frage befriedigend beantworten, aber mit seiner Rede oder seinem Editorial die Richtung klar vorgeben. Jetzt geht es darum, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, Kräfte zu mobilisieren, die Kreativität und den Mut der Mitarbeiter für neue Ideen zu unterstützen.

In seiner berühmten parlamentarischen Antrittsrede im Jahr 1940, als England massiv unter Bombenhagel stand, sagte Churchill nicht: „Ich weiß, wie wir aus dieser Situation wieder rauskommen! Ich habe eine fertige Lösung für euch.“ Sein Satz „I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat“ ging in die Geschichte ein. Mit dieser schonungslosen Ehrlichkeit einem furchtbaren Krieg gegenüber motivierte er die Bevölkerung, durchzuhalten und für bessere Zeiten zu kämpfen.

Unsere Situation ist zum Glück bei Weitem nicht so martialisch – aber mithilfe einer Rede, eines Newsletters oder eines Editorials im Mitarbeitermagazin gemeinsame Emotionen aufzubauen, zu stärken und zu kanalisieren, ist jetzt trotzdem wichtig. Ihre Worte müssen ja nicht gleich ganz so dramatisch klingen wie bei Churchill, aber mitreißend ehrlich wäre schon gut!

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