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„Oft sieht man handgebastelte Bildwelten im Print nicht“

Wenn es um handgemachte Magazinseiten und Covers geht, sind Martina Gangl-Wallisch und Sonja Huber die Profis bei Egger & Lerch. Mit Geschick und Kreativität setzen sie abstrakte Themen in Szene – und erschaffen damit einzigartige Bildwelten.

Man kann heute alles digital machen – und das bedeutend schneller. Warum lohnt es sich, im Corporate Publishing und Content Marketing Dinge von Hand zu fertigen?
Martina: Handgemachtes unterscheidet sich sehr stark von am Computer gestalteten Seiten. Digital Produziertes wirkt perfekt, aber genau deshalb manchmal auch ein bisschen glatt und seelenlos. Wenn wir mit Schere, Klebstoff und den unterschiedlichsten Materialien arbeiten, steht mal irgendwo ein Eckchen weg, kleine Unebenheiten treten auf, etwas ist nicht ganz regelmäßig. Das macht das Ergebnis spannend, originell, einzigartig. Außerdem ist Handarbeit ein kreativer Prozess. Es kommt während des Arbeitens zu Überraschungen.
Sonja: Zwar überlegt man vorher, wie etwas aussehen wird, und erarbeitet eine Vorlage. Im Bastelprozess funktioniert aber nicht immer alles wie geplant. Durch die langsamere, aufwendigere Fertigung kommt man manchmal auch erst auf Ideen, die man sonst nie gehabt hätte. Was sich im Laufe der Arbeit entwickelt, ist viel durchdachter als eine am Rechner erstellte Illustration. Das Ergebnis ist einzigartig.

Wovon lasst ihr euch inspirieren?
Sonja: Eine wichtige Inspirationsquelle ist für mich Pinterest, weil man hier ganz unterschiedliche Ansätze zu einem Thema sieht. Und wir schauen uns viele Magazine, vor allem auch internationale Best-practice-Beispiele, an. Das sind wichtige Impulse, die man dann aber in einer anderen Form umsetzt.
Martina: Der Austausch im Team ist natürlich auch wichtig. Wir sitzen alle in einem Büro. Da kann man die KollegInnen sehr schnell und unkompliziert um Hilfe bitten.

Wie kommt man überhaupt drauf, Covers oder Magazinseiten von Hand zu bearbeiten?
Martina: Um abstraktere Themen in ein Bild zu übersetzen, helfen abgedroschene Stockbilder nicht weiter. Gerade fürs Cover sollte man sich schon etwas Außergewöhnlicheres einfallen lassen. Natürlich kann man ein Thema auch digital ungewöhnlich aufbereiten – abseits des Mainstreams. Aber wenn ich es von Hand fertige, kriegt das Ganze einen künstlerischen Touch und eine ganz besondere Haptik. Man sieht dem Magazin die Wertigkeit an.
Sonja: Und man unterscheidet sich von anderen Heften, denn oft sieht man handgebastelte Bildwelten im Print nicht! Letztendlich ist es aber eine Kostenfrage. In große DIY-Projekte investieren wir viele Arbeitstage, das muss sich ein Kunde auch leisten wollen. Wobei: nicht alles Selbstgemachte muss auch teuer sein. Manche Handwerk-Covers sind nicht aufwendiger als ein Fotoshooting.

Unsere geschickten Grafikerinnen (v.l.n.r.): Martina ist seit über vier Jahren bei Egger & Lerch, Sonja fast zwei Jahre.

Wie läuft der Prozess ab – vom ersten Impuls zum fertigen Magazincover?
Sonja: Das grundsätzliche Thema für eine Coverstory gibt der Kunde meist vor. Nicht selten geht es dabei um eher abstrakte Dinge, die Werte des Unternehmens, Erfolgs- oder Weiterbildungsstrategien, nichts, das sich handfest abbilden lässt. Wir machen dann ein Brainstorming und sammeln Ideen zur Bebilderung. Gibt es eine Idee, überlegen wir, wie wir diese am besten umsetzen. Meist ist das natürlich ein Fotoshooting oder auch eine Illustration. Aber manchmal eben auch etwas Gebasteltes. Beim letzten Cover für die Mitarbeiterzeitung des Aufzugherstellers OTIS wollten wir in den Bildern eine Geschichte vom Nach-oben-Kommen erzählen – mit der Strickleiter, dem Ballon ... Es sollte eine lustige, unbequeme Aufstiegshilfe sein. Schließlich sind wir auf Rapunzel gekommen, die ihr Haar herunterlässt, damit der Prinz hochklettern kann. Wobei – unser Prinz war nicht blöd – in unserer Geschichte ging er um den Turm herum und fand auf der Hinterseite – also im Innenteil des Magazins – dann den bequemen Lift.
Martina: Naheliegend wäre eine Illustration gewesen. Wir hatten allerdings Bedenken, dass das dann wie aus dem Märchenbuch aussieht, und das wollten wir nicht. Deshalb haben wir uns von verschiedenen Papierarbeiten, gerissenen, geschnittenen, geklebten und auch 3D-Objekten, inspirieren lassen. Dann haben wir uns dafür entschieden, das Motiv als Collage aus Papier und Metallteilen nachzubauen. Das OTIS-Projekt war sehr aufwendig, mit vielen verschiedenen Ebenen und Drähten, die den Aufzug halten. Daran habe ich drei Tage lang gebastelt.
Sonja: Der Aufwand war auch deshalb so groß, weil es uns wichtig war, Plastizität und Perspektive in das Bild zu bringen. Wir haben nicht einfach nur Papier aufgeklebt, sondern ein Relief erzeugt. Das Bild wurde ja dann abfotografiert. Weil die Elemente nicht flach aufgeklebt waren, kamen die Schatten gut raus. Das war uns sehr wichtig, weil genau das in diesem Fall das Besondere ausmacht. So natürliche Schatten würde man digital nicht hinbekommen.

Das Handgemachte ist also ein fixer Bestandteil eurer Arbeit ...
Sonja: Für das Kundenmagazin der Donau Chemie machen wir seit über sechs Jahren zweimal pro Jahr ein handgemachtes Cover. Das ist ein Fixstarter auf unserem Basteltisch. Und für einen Lebensmittelhändler gibt es in jeder Ausgabe des Mitarbeitermagazins einen Basteltipp. Da werden verschiedenste Objekte Schritt für Schritt von uns gestaltet und für eine Bauanleitung abfotografiert. 

Was ist euer persönlicher Zugang zum Basteln? Mit welchen Materialien und Techniken arbeitet ihr gerne?
Sonja: Ich bin ein großer Fan von Upcycling, also Basteln mit Dingen, die man sonst wegschmeißen würde. DIY ist ein riesiger Markt – viele Leute geben viel Geld für Bastelbedarf aus. Aber das Resultat ist besser, wenn man sich selbst etwas überlegt und auch ungewöhnliche Materialien verwendet.
Martina: Ich war schon als Kind wahnsinnig gerne in Papiergeschäften und habe am liebsten kreativ, also ohne Anleitung gebastelt. Auch heute arbeite ich nicht auf den Millimeter genau – eher aus der Hüfte heraus, freestyle. Vor fünf Jahren habe ich Scrapbooking für mich entdeckt. Mit Papier, Karten und dekorativen Elementen gestaltet man ganze Bücher. Damit habe ich schon Reisetagebücher und Fotoalben für Freunde gemacht.
Sonja: Ja, Papier mag ich als Grafikerin natürlich auch gerne. Papier ist geduldig, beim Schreiben und beim Basteln.


Und so sieht Handwerk made by Egger & Lerch aus: