Let’s talk about SEO!

Die Google-Suchmaschine unterzieht ihren Algorithmus regelmäßigen Updates. Die zuletzt durchgeführten ändern einiges für Texter:innen. Was genau, erklärt „STANDARD“-SEO-Experte Florian Brodbeck.

Interview: Maya McKechneay


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Florian Brodbeck ist Leiter des Bereichs Webanalyse und SEO Management bei der STANDARD Medien AG, dem Mutterkonzerns von Egger & Lerch. In dieser Funktion berät er die E&L-Redaktion immer wieder in Sachen SEO.

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Florian, wir führen dieses Gespräch, weil Google inhaltsstarke Texte seit einem Update höher rankt. Da sind wir in der Egger-&-Lerch-Redaktion hellhörig geworden, weil uns das sehr entgegenkommt.
Ja. Das ist meine Beobachtung und die Beobachtung in allen SEO-Foren (SEO = Search Engine Optimiziation, also Suchmaschinen-Optimierung, Anm.). Seit dem Helpful Content Update vom 25. August 2022 ranken bewusst für SEO erstellte Texte, die bei eher dünner Aussage 20 Keywords in die Überschriften hauen, nicht mehr gut. Die Google-AI erkennt und bevorzugt jetzt Texte, denen man anmerkt, dass jemand wirklich recherchiert hat und sich auskennt. 

Solche grundlegenden Updates hat Google bisher regelmäßig alle drei Monate durchgeführt. Wie erfährst du davon? 
Google ist sehr gut in der Kommunikation, wenn es um Updates und wesentliche Veränderungen am Algorithmus geht. Sie geben sie über ihren Blog und ihre Social-Media-Kanäle bekannt, über Twitter, Google Search Liason. Die Details muss man durch Konkurrenzbeobachtung und durch Austausch in SEO-Foren direkt herausfinden. Mitte November 2022 hat Google übrigens bekannt gegeben, dass sie nicht mehr von Updates sprechen wollen, sondern von Systemen (siehe Google Ranking Systems Guide, Anm.). 

Wo holst du dir weitere Informationen? 
Wie gesagt in Foren. Es gibt auch das Google-Webmaster-Forum, wo ich mit Google-Mitarbeiter:innen direkt kommunizieren kann. Hier kann ich konkrete Probleme mitteilen oder auch nachfragen, warum sich ein Ranking ohne mein Zutun plötzlich komplett verändert hat.
In so einem Fall können mir Google-Mitarbeiter:innen Hinweise liefern, was ich technisch optimieren kann. Sie wollen ja selbst, dass ihre Suchmaschine die besten Ergebnisse liefert. 

Warum gibt Google sich solche Mühe? Das Unternehmen ist ja quasi Monopolist in seinem Bereich? 
Die Suchmaschine ist das Hauptprodukt von Google bzw. von Alphabet, dem Mutterkonzern. Sie ist das Produkt, das das meiste Geld abwirft. Die User sollen es weiternutzen, nicht abspringen. In Europa hat Google tatsächlich eine Art Monopolstellung. In den USA ist das anders. Hier ist Bing auch sehr stark. Und: Apple entwickelt gerade eine eigene Suchmaschine. Wenn man liest, dass Google Apple angeblich jedes Jahr zwischen 18 und 20 Milliarden Dollar bezahlt, damit es defaultmäßig als Suchmaschine auf Apple-Geräten installiert wird, versteht man die Bedrohlichkeit dieses Szenarios.

 

 

Kehren wir zurück zum Content: Wie erkennt der Google-Algorithmus, dass ein Artikel hochwertig und fundiert ist? 
Er hat verschiedene neue AIs dazubekommen. Eine davon ist Rank Brain. Eine andere Passage. Ein System, bei dem der Algorithmus überprüft: Gibt es einen Autorennamen? Links zu Studien? Wie ist der Text aufgebaut? Habe ich verschiedene Abschnitte in diesem Text, die sich mit verschiedenen Aspekten des Themas auseinandersetzen? Und: Neben diesem AI-System hat Google auch manuelle Reviewer, die Texte nach klaren Richtlinien beurteilen. Journalistenpreise tragen da auch zu einer guten Bewertung bei. 

Unsere Agentur produziert mit „impuls wissen“ für die Wiener Städtische Versicherung auch ein Online-Magazin im Gesundheitsbereich. Wir haben schon bisher auf Fachstudien verlinkt. Sollten wir das zukünftig noch stärker berücksichtigen?
Ja. Auf Studien zu verlinken bedeutet einen klaren Vorteil. Es gibt bekannte Linkziele wie die Wissenschaftsplattform Nature, bei der Google davon ausgehen kann, dass es sich um Expertencontent handelt. Der Gesundheitsbereich ist ohnehin ein gutes Beispiel: Da ist das Unternehmen besonders darauf bedacht, fundierten Content zu empfehlen. Viele konsultieren Dr. Google. Und es würde dem Renommee der Suchmaschine schaden, wenn es die User auf irgendeine Quacksalber-Seite führen würde, die empfiehlt, Krebs durch Kristall-Auflegen zu heilen. 

Wir in der Redaktion finden schematische SEO-Headlines oft fad und würden uns freuen, wenn schöne Headlines besser performen, die nicht zwingend Keywords enthalten. Ist das mittlerweile schon so?
Ja! In diese Richtung geht es. Ich kenne das vom „STANDARD“ (Anm.: Egger & Lerch ist Teil der STANDARD Medien AG). Wir hatten früher 90 Prozent unserer Headlines mit Keyword und Doppelpunkt aufgebaut. Google ist inzwischen sehr gut darin, Keywords auch im Text, nicht notwendigerweise in der Headline zu finden. Natürlich: Wenn ich einen Grundlagentext über Lithografie für die hauseigene Kunstplattform ARTCube21 schreibe, wie ihr es zuletzt getan habt, bin ich Google-technisch auf der sicheren Seite, wenn ich title: „Was ist eine Lithografie?“ Man darf da inzwischen aber auch freier sein. 

Viele Unternehmen haben Online-Texte bisher ganz anders angelegt. Eben genau wie du sagst: viele Keywords in den Überschriften, dünner Content. Sind diese Beiträge im Netz auch rückwirkend von dem Update betroffen? 
Natürlich. Die müsste man eigentlich alle nachbearbeiten. Google will dir guten Content anbieten. Gut geschriebene Texte haben schon immer einen Vorteil gehabt, jetzt ist dieser noch viel größer geworden. 

Darf man sich Google versus diejenigen, die das Netz mit Inhalten bespielen, ein bisschen vorstellen wie das Rennen Hase gegen Igel? SEO-Leute tricksen, entdecken eine Lücke, ranken hoch. Google schärft in einem Update nach, stopft die Lücke, stuft sie runter. Nächstes Schlupfloch, nächste Abkürzung. Und so weiter.
(Lacht) Ja, dieses Bild trifft die Situation recht genau!

seo,egger-lerch,google

Wenn nun aber die Google-AI immer intelligenter wird und die Relevanz von „natürlichen“ Texten aus dem Stand erkennt, hört dann dieser Wettlauf auf und werden somit SEO und dein Job obsolet?
Das ist eine sehr gute Frage, die uns schon jahrelang beschäftigt! SEO wird erst dann obsolet, wenn jeder eine tolle Website bauen kann, die sich wunderbar navigieren lässt und genialen Content liefert. Bis das der Fall ist, werden wir gebraucht. Womit wir aber in der „STANDARD“-Redaktion aufgehört haben, ist zu sagen: „Ihr müsst Keywords verwenden. Die Überschriften müssen so und so aussehen.“ Wir sagen eher: „Schaut: Das sind die Themen, die gut funktionierten, und wenn ihr sie bringt, achtet darauf, sie gut zu verlinken!“ 

 

Google Core Update & Google Systems
Ein Google Core Update (Deutsch auch Kern-Update) ist ein Update des Google-Algorithmus zur Bewertung von Websites. Zwar gibt es häufig kleinere Änderungen am Algorithmus, die Core Updates sind jedoch umfassender und haben entsprechend große Auswirkungen auf die Auffindbarkeit. Core Updates fanden bisher alle zwei bis drei Monate statt. Sie werden, wie Google im November 2022 bekannt gab, zukünftig durch kontinuierliche Soft-Updates (Systems) ersetzt. Liste aller bisherigen Core Updates

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