„Employer Branding ist mehr als eine neue Firmenbroschüre“

Mitarbeiter finden und binden: Dieses Thema beschäftigt alle Unternehmen. Wie sie sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, was Storytelling damit zu tun hat und warum die Mitarbeiterzeitung nicht oldschool ist, erklärt Silke Kurtz, Director Employer Branding bei Iventa.  

Am Arbeitsmarkt tobt der Kampf um die besten Köpfe, Unternehmen müssen sich um qualifizierte Mitarbeiter bewerben. Was können sie mit Employer Branding erreichen?
Begeisterung wecken! Das schaffen sie durch eine klare Positionierung als Arbeitgeber und mit emotionalen Botschaften. Sie müssen sich eindeutig dazu äußern, wer sie sind, was sie besonders macht und vor allem wer zu ihnen passt. Die Basis dafür ist die Arbeitgeberpositionierung (EVP),  im Optimalfall wird diese mittels  eines Kreativkonzeptes mit authentischen Bildern und passender Sprache in HR-Kommunikation übersetzt. Sie erreichen Talente, indem sie dem Kopf Informationen geben, die auch das Herz berühren. Der Kommunikationsmix sollte dabei bunt sein und zu den gesuchten Kandidaten passen. Auf welchen Kanälen sind sie zu finden? Wie spricht man sie am besten an? Und was ist wirklich glaubwürdig? Nur wer sich Gedanken über diese Dinge macht, wird im „War for Talents“ erfolgreich sein.

Neben der Suche nach neuen Mitarbeitern geht es auch darum, bestehende im Unternehmen zu halten. Wir bei Egger & Lerch produzieren gedruckte Mitarbeiterzeitschriften, die dabei unterstützen. Halten Sie dieses Kommunikationsinstrument noch für zeitgemäß?
Ich finde nicht, dass ein gedrucktes Magazin per se oldschool ist, vielmehr hat es eine ganz eigene Qualität. Erstens sind nach wie vor viele Personen im Job, die Informationen lieber haptisch in der Hand halten. Auch die Frage der Verfügbarkeit stellt sich, zum Beispiel bei mobilem Content: Haben wirklich alle Mitarbeiter ein Firmenhandy? Und wenn nicht: Sind sie gewillt, sich über ihr privates Gerät mit Firmeninhalten auseinanderzusetzen? Die Mitarbeiterzeitung hingegen nehmen sie mit nach Hause. Wenn sie am Frühstückstisch liegt, wird in der Familie hergezeigt, was sich im Unternehmen tut. Vielleicht ist der Mitarbeiter auch selbst darin zu finden und stolz darauf. So passiert Identifikation! Außerdem gibt es viele sinnvolle Möglichkeiten und Tools, die Online- und Offline-Welt miteinander zu verbinden. 

Identifikation erreichen Unternehmen auch, indem sie Geschichten erzählen. Wie machen sie das am besten und welche Rolle können die eigenen Mitarbeiter dabei spielen?
Um erfolgreich Employer Branding zu machen, muss ein Unternehmen zuerst die eigene Situation analysieren: Was sind unsere Arbeitgeberwerte? Was versprechen wir den Mitarbeitern? Welche Botschaften sollen vermittelt werden? Bei der Beschäftigung mit diesen Fragen finden sich rasch jede Menge Geschichten im Unternehmen. Sie sind ein wertvoller Schatz, den man nur heben muss – nichts, das es zu erfinden gilt. Erzählen kann sie zum Beispiel im Familienbetrieb der Eigentümer, der eine wichtige Rolle spielt, dessen Leben eng mit dem Unternehmen verknüpft ist und der eine Figur ist, die begeistert und inspiriert. Es kann aber auch ein Mitarbeiter über seinen Werdegang oder aktuellen Job berichten, wie wir es beispielsweise von der Online-Plattform watchadoo kennen. Dadurch werden Arbeitgeberwerte und Geschichten besonders glaubwürdig und nicht immer so plakativ vermittelt. Wenn es um Markenbotschafter geht, ist eines klar: Das können nur echte Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen sein! Stockfotos oder Models, die für ein Fotoshooting in ein fremdes Büro gesetzt werden, wirken kontraproduktiv.

Sie erarbeiten mit Ihren Kunden umfangreiche Employer-Branding-Strategien – von der Situationsanalyse im Unternehmen bis zu einzelnen Maßnahmen. Wie viele Unternehmen haben schon eine solche Strategie?
Grundsätzlich steigt das Bewusstsein für das Thema, weil der operative Druck durch den ausgedünnten Arbeitsmarkt wächst. Aber viele Unternehmen haben noch nicht verstanden, dass Employer Branding mehr ist als eine neue Firmenbroschüre: Es ist ein strategischer, langfristiger Ansatz – das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Im Schnitt dauert alleine das Erarbeiten einer Strategie rund vier bis sechs Monate. Daraus werden dann Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt. Man muss laufend daran arbeiten. Dafür kann Employer Branding aber auch Treiber für Innovationen und Veränderungen sein.

Umgekehrt gefragt: Was ist Employer Branding nicht?
Employer Branding ist nichts, was man am Reißbrett im stillen Kämmerchen macht. Es bedarf vieler Kontaktpunkte, die man genau analysiert: Was fragt man wen und wie macht man diese Erkenntnisse nutzbar? Wenn eine Führungskraft mir erklärt: „Mit meinen Mitarbeitern braucht ihr nicht zu reden, weil die sagen nicht, wie wir sind – sondern ich!“, dann ist das nicht Employer Branding, sondern ein Führungsanspruch. Außerdem ist Employer Branding kein Hinterherhetzen hinter Trends, die am Markt aufpoppen, sondern muss individuell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sein. Und es ist keine Kommunikation von Scheinwelten und schönen Bildern, die nicht die Realität im Unternehmen abbilden.


Silke Kurtz
ist Director Employer Branding bei Iventa, Österreichs größtem HR-Dienstleister. Egger & Lerch produziert für Iventa das B2B-Fachmagazin SKILLS für HR-Profis und Stakeholder der Gruppe.

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