„Offenheit ist wichtig!“

Unsere Agentur suchte kürzlich Verstärkung für die Grafik. Eine gute Gelegenheit, bei einer Expertin nachzufragen, wie man jemanden findet, der wirklich zu einem passt.  

Frau Kurtz, eine Kollegin aus der Grafik ist kürzlich in Pension gegangen. Darum haben wir eine Nachfolgerin gesucht. Wie erkennt unsere Agenturleitung im Gespräch, dass ein:e Bewerber:in wirklich zu uns passt?
Silke Kurtz: Wenn man jemanden ins Gespräch bekommen hat, kann man eh schon jubeln. Denn es ist oft ein weiter Weg, bis jemand gefunden ist, den man einladen kann. Im Interview gilt es dann, die Erwartungshaltung beider Seiten abzuklären: Was erwartet man vom Kandidaten oder der Kandidatin und was hat man ihm/ihr zu bieten? Was erwartet der Bewerber oder die Bewerberin von seinem künftigen Team? Wie ist bei uns Zusammenarbeit gestaltet? Ist die ausgeschriebene Position künftig Teil von Projektteams oder wird eher in Einzelaufträgen gearbeitet? Es gibt Menschen, die gerne in Teams arbeiten, ihre Projekte selbst bei Kunden präsentieren und damit eine zentrale Rolle in der ersten Reihe übernehmen. Andere sagen: Für mich passt das eher nicht.

Man sollte also möglichst präzise herausarbeiten, wie der zukünftige Tätigkeitsbereich aussieht?
Silke Kurtz: Ja. Dabei ist es wesentlich, „Selbstwirksamkeit“ zu ermöglichen. Man sollte gemeinsam mit Bewerber:innen  herausarbeiten, was deren Beitrag sein wird und zu welchen Leistungen er oder sie bereit ist. Es geht hier um Anerkennung und Wertschätzung, aber auch um Selbstverwirklichung. 



Welche Bereiche sprechen Sie in Bewerbungsgesprächen noch an? Klopfen Sie zum Beispiel die jeweiligen Werthaltungen ab?
Silke Kurtz: Für mich gibt es drei zentrale Werte der Zusammenarbeit: Wertschätzung, Disziplin, Respekt. Im Rahmen dieser drei Werte funktionieren Teams.
Ein Beispiel: Pünktlichkeit in einem Meeting vereint für mich alle drei Aspekte. Wertschätzung und Respekt jenen gegenüber, die auch in diesem Meeting sind. Disziplin, weil die Arbeit getan werden muss, die man sich für dieses Meeting vorgenommen hat.   

Unpünktlichkeit wird sich im Bewerbungsgespräch kaum feststellen lassen. Zu dem kommt wohl niemand zu spät? 
Silke Kurtz: Weit gefehlt! Ich hatte schon Bewerber, die mehrere Stunden zu spät kamen. Die Gespräche waren dann jeweils schnell zu Ende. 

Wenn eine Kandidatin oder ein Kandidat aber einen guten Eindruck macht, und man möchte Näheres erfahren: Ist es Führungskräften erlaubt, nach Privatleben oder Familiensituation zu fragen?
Silke Kurtz: Ich tue das nicht. Stattdessen gleiche ich Rahmenbedingungen und Erwartungshaltungen ab. Vielleicht sagt eine Kandidatin: „Zwischen 7.30 Uhr und 15.30 Uhr könnt ihr alles von mir haben. Danach nicht. Weil ich Alleinerzieherin bin und meine Kinder von der Nachmittagsbetreuung abhole.“ Dann wissen beide Seiten, was Sache ist. Doch an sich muss es mich als Führungskraft zunächst nur interessieren, was jemand leisten kann und will – und nicht, warum. Auch umgekehrt ist Offenheit wichtig: Ich fände es nicht korrekt zu sagen: Die Arbeitszeiten werden immer regulär sein, wenn es 
z. B. Phasen mit einer hohen Projektdichte gibt und dann mehr Workload anfällt. 

Wie erkennen umgekehrt Bewerber:innen, dass sie sich bei uns im Team wohlfühlen werden?
Silke Kurtz: Die Gesprächsführung der Führungskraft lässt einiges erkennen: Wie wird man als Bewerber:in angesprochen? Gibt der Interviewer genug Freiraum für Antworten und eigene Fragen? Werden Fragen offen oder als Suggestivfragen gestellt?
Meine Empfehlung für Kandidatinnen und Kandidaten wäre, nachzufragen: „Kann ich das Team kennenlernen?“ Für bestimmte Positionen ist das wirklich sinnvoll. Man tauscht sich aus und sieht direkt, ob es passt. In so einer Situation spürt man, ob eine Basis für Vertrauen vorhanden ist. So bahnt man im Idealfall eine langjährige gute Arbeitsbeziehung an.

Anmerkung: Wir bei Egger & Lerch laden Grafik-Kandidat:innen, die wir näher kennenlernen möchten, für einen Probe-Arbeitstag ein. So lässt sich am besten feststellen, ob die Chemie stimmt.

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Mag. Silke Kurtz ist Management Director und Geschäftsführerin Employer Branding & Entwicklung bei unserem Kunden Iventa. Im Lauf ihrer Karriere hat sie unzählige Jobinterviews begleitet oder geführt. Zum Gespräch erreichten wir sie auf Europas größtem Expo-Event rund um die Welt der Arbeit, der „Zukunft Personal“.
IVENTA steht für die Vernetzung und Entwicklung von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. IVENTA branding & culture, als einer von vier Geschäftsbereichen der IVENTA Group, ist auf die Themen Employer Branding, Personal- und Organisationsentwicklung, Social-Media- und Kampagnenmanagement sowie Inhouse Content Creation spezialisiert.

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