Neue Hose, neues Magazin

Jeder braucht gelegentlich ein neues Outfit, auch Unternehmensmedien. Wie so ein Relaunch richtig Spaß macht, habe ich kürzlich am eigenen Leib erfahren.

Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerade eine Mode-­Doyenne bin. Aber als ich neulich – bekleidet mit meiner guten alten Lieblingshose – ins Büro kam und mich mein Kollege fragte: „Gehst du heut noch auf eine Seventies-Party?“, wusste ich: Mit meinem Kleider­kasten muss etwas geschehen. Nur zu meiner Ehrenrettung: Die Hose ist nicht wirklich aus den ­Siebzigern, sondern aus der Hippie-Revival-Ära der Neunziger.

Irgendwann, das musste ich einsehen, kommen selbst die besten Stücke in die Jahre. Mit Magazinen ist das nicht ­anders. Und für Unternehmen ist es meist besonders wichtig, zu zeigen, dass sie den Zeitgeist nicht verschlafen. Andererseits kann ich auch die Bedenken in Unternehmen gut verstehen, wenn ein Relaunch zur Diskussion steht. Man hat sich an Altbewährtes gewöhnt, Elemente liebgewonnen, manches hat sich als praktisch erwiesen. Deshalb steht an erster Stelle immer eine Evaluierung: Wo liegen die Stärken und Schwächen des bisherigen Mediums? Hat sich die Zielgruppe verändert? Will man sie zukünftig ausweiten? 

Auch bei meinem Kleiderkasten habe ich mir die Frage gestellt: Was soll weg, was soll bleiben? Aber nicht alleine! Meine ­Freundin Tanja, Redakteurin für Mode und Lifestyle, beriet mich. Sie sorgte nicht nur für Ordnung in meinem Schrank, sie organisierte auch den Streifzug durch die Boutiquen und suchte mir passende Stücke zusammen. Mit Tanja als Profi an meiner Seite genoss ich es zum ersten Mal, shoppen zu gehen. 

Genau das Gleiche beobachte ich, wenn wir einen Magazin-­Relaunch präsentieren. Wenn wir unsere Vorschläge zu neu­­en Rubriken, grafischen Elementen oder der Bildsprache herzeigen, bereitet das unseren Kunden Vergnügen. Und uns genauso! 

Und selbst beim radikalsten Relaunch muss man nicht ganz auf Liebgewonnenes verzichten. Tanja fand tatsächlich eine Hose, die sich genauso angenehm wie mein vermeintliches 70er-Jahre-Lieblingsstück anfühlt. Bloß Glocke hab ich keine mehr um die Beine. Der Relaunch in meinem Kleiderkasten 
ist gelungen! 

Diese Kolumne erschien erstmals in der Printausgabe der Tageszeitung "Der Standard" vom 17. Oktober.