Content-Overkill: Nach uns die Informationsflut?
Content is King. Aber Pseudo-Content ist King Kong. Über einen Unterschied, der einen Unterschied macht.
Wie bei so vielen Dingen gilt auch in der Unternehmenskommunikation: Ein Blick in die USA kommt einem Blick in unsere Zukunft gleich. Während bei uns der Begriff „Content Marketing“ schön langsam breitere Verwendung findet, wurde in der amerikanischen Blogosphäre 2014 bereits heftig über eine mögliche nächste Phase diskutiert: einen drohenden „Content Shock“. Denn Unternehmen setzen immer mehr auf eine inhaltsgetriebene Kommunikationsstrategie. Zugleich hat der Tag der Leser/User nach wie vor bloß 24 Stunden. Macht es da überhaupt Sinn, noch mehr Inhalte in die Welt hinauszuschießen – wo es doch bereits viel mehr davon gibt, als der Kunde, der Mitarbeiter oder ein anderer Stakeholder überhaupt verarbeiten kann?
Informationsschock? Pseudo-Content-Smog!
Der These vom Content-Overkill liegt jedoch ein Etikettenschwindel zugrunde. Denn was heute als Content verkauft wird, sind oft werbliche Inhalte, die niemanden wirklich interessieren und die daher auch keinen Return on Investment bringen. Wenn es einen Overkill gibt, dann vor allem an werblichem Pseudo-Content. Gute Inhalte haben ein klares Charakteristikum: Sie sind für den Empfänger so interessant und wertvoll, dass er sie freiwillig konsumiert. Ob das bei Markeninszenierungen etwa in Form von herkömmlichen Werbespots oder Fotos von Produktevents und anderen brandingorientierten Aktionen auch der Fall ist? Wohl kaum. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn die Marketingabteilung eine Content Strategy und eine Message-Architektur entwickelt hat, „Content Baking“ oder auch „Content Frying“ betreibt und gelegentlich sogar ein Content Audit durchführt ...
Storys, Service, Fun
Der Unterschied wird an positiven Beispielen deutlich: Red Bull erzählt keine Geschichten über Energydrinks, sondern über Risikobereitschaft und das Verwirklichen von Träumen. Mit gutem Storytelling wird eine emotionale Nähe zum Unternehmen aufgebaut. Je nach Marke und Zielgruppe kann es auch sinnvoll sein, auf pure Unterhaltung zu setzen. Doch auch schlichter „Fun“ muss von der Zielgruppe als wirklich unterhaltsam empfunden werden.
Oder ein Beispiel aus dem Hause Egger & Lerch: „Relevant“, das Stakeholder-Magazin der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB), erklärt in seinen Artikeln komplexe Phänomene wie beispielsweise Wohlstandsberechnung oder Trendforschung. So schafft die OeKB bei den Lesern Vertrauen und Sympathie, festigt ihren Ruf als kompetente Ansprechpartnerin, und so nebenbei lässt sie hie und da auch noch Hintergrundinfos zu ihren eigenen Services fallen.
Eine „andere“ Perspektive
Unternehmen (und ihre Dienstleister) müssen den Trendbegriff „Content“ endlich ernst nehmen. Relevante Inhalte müssen dem Empfänger einen echten Mehrwert bieten – durch Service, Information oder Unterhaltung. Als Journalist lernt man vom ersten Tag in der Redaktion an, dass man für den Leser werkt, und verinnerlicht diese „andere“ Perspektive auf die eigenen Erzeugnisse. Werbetexter oder Marketingverantwortliche bleiben viel zu oft in der Unternehmensperspektive gefangen. Wenn es um Content geht, der diese Bezeichnung verdient, dann zählt die Dramaturgie der Geschichte mehr als die Inszenierung der Marke. Das erfordert für viele ein grundlegendes Umdenken. Denn Content ist „King“. Aber Pseudo-Content ist King Kong – ein Monster, das wertvolle Kommunikationsressourcen vernichtet.