Performance, Herzblut und die Fehler der Pseudo-Publisher

Content Marketing zeichnet sich nicht einfach durch guten Content aus – sondern durch die Art und Weise, wie dieser genutzt wird. Was bedeutet das fürs Corporate Publishing?

Das Besondere am Content Marketing kann nicht in der Produktion von wertvollem Content liegen. Denn das macht gute Werbung seit eh und je (siehe den Blogbetrag von vergangener Woche), und auch das Corporate Publishing schreibt sich das Erstellen relevanter Inhalte auf die Fahnen. Können Corporate Publisher also gar nichts von der Debatte ums Content Marketing lernen?

Doch, denn die Content-Marketing-Kollegen gehen für gewöhnlich noch einen Schritt weiter. Sie veröffentlichen nicht bloß Inhalte, sondern nutzen diese ganz gezielt, um eine Beziehung zu potenziellen (oder bestehenden) Kunden aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln. Es geht also nicht nur um Content, sondern auch um Conversion. Darum, um im Marketing-Sprech zu bleiben, einen „Lead“ durch den „Sales Funnel“ zu ziehen – also aus einem potenziellen Kunden einen tatsächlichen Käufer oder idealerweise einen Stammkunden zu machen. Und das ist zunächst mal eine gute Sache. Es bedeutet nämlich, aus dem wertvollen (und teuren) Gut „Inhalt“ wirklich den maximalen Nutzen zu ziehen.

Gerade bei digitalen Content-Angeboten sollte diese Möglichkeit zu einer Fortführung der Kommunikation mitgedacht werden. Das heißt: Bei einem Blogbeitrag, einem Artikel im unternehmenseigenen Onlinemagazin oder einem Video auf dem eigenen Youtube-Channel kann dem Leser/User angeboten werden, sich noch mehr interessante Inhalte zu Gemüte zu führen und dabei doch auch gleich ein bisschen was über sich zu verraten (wie etwa seine E-Mail-Adresse), um auf dieser Basis den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Nicht zuletzt kann dem User auf diese Weise Content angeboten werden, der auf seine persönlichen Interessen maßgeschneidert ist. Kommunikation sollte ja idealerweise kein One-Night-Stand, sondern eine langwährende Liebesbeziehung sein. Das ist eine moderne, dynamische Form der „Leser-Blatt-Bindung“, die sich über kurz oder lang auch in gesteigerten Umsatzzahlen bemerkbar machen wird.

Wer hat Angst vorm Controller?
Es gibt jedoch (mindestens) zwei Gründe, warum Corporate Publisher nicht einfach den Content-Marketing-Werkzeugkasten übernehmen sollten:

  1. Zunächst besteht die Gefahr, dass Inhalte nur dazu benutzt werden, um das Gegenüber zu bestimmten Handlungen zu bewegen – dass der behauptete Mehrwert für den Kunden also bloß zu dessen Manipulation dient. Das ist keine gute Grundlage für eine ehrliche Beziehung auf Augenhöhe. Content Marketing tendiert dazu, zu sehr auf reine Absatzmaximierung zu fokussieren. Das schadet notwendigerweise der Qualität der Inhalte, denn ein guter Publisher (sei es ein „echter“ Verlag oder ein verlegerisch agierendes Unternehmen) denkt immer zuerst an die Bedürfnisse des Lesers.

  2. Viele Content Marketer lassen andere, schwer messbare Kommunikationsziele außen vor, die dem Corporate Publishing stets auch ein Anliegen sind – wie etwa Imagebildung. Dafür sind übrigens Printprodukte – aufgrund ihrer qualitativen Anmutung – besonders gut geeignet. Das hat seinen Sinn und seine Berechtigung, auch wenn dem Controller keine direkte Umsatzsteigerung nachgewiesen werden kann.

Kurz und gut: Wer ständig auf Key Performance Indicators schielt, kann nicht mit Herzblut wertvolle Inhalte kreieren. Nur wer die Welt durch die Brille des Lesers/Users betrachtet, kann wirklich fesselnde Geschichten erzählen. Und so Aufmerksamkeit, Sympathie und Vertrauen schaffen – die Grundlagen für eine langfristige Beziehung.