„Guinness Guide to Oysters“ ist ein schönes Beispiel für gute Unternehmenskommunikation

Guinness is good for you, Content Marketer!

Der Hype-Begriff „Content“ hat keinen analytischen Gehalt, aber er erinnert uns daran, worum es in der Kommunikation eigentlich geht.

Der „Guinness Guide to Oysters“ ist ein schönes Beispiel für eine Unternehmenskommunikation, die die Zeichen der Zeit erkannt hat. Dem Kunden aufdringlich irgendetwas aufschwatzen, was ihn eigentlich gar nicht interessiert, ist schließlich völlig von gestern. Ihm vielmehr relevante Inhalte anbieten, die er freiwillig und aktiv rezipiert – weil sie informativ, nützlich oder unterhaltsam sind: So lautet das Gebot der Stunde. Daher proklamiert Guinness in besagtem Inserat auch nicht bloß „Guinness is good for you.“ Stattdessen gibt es einen Überblick über unterschiedliche Austernsorten und erklärt, wo sie gefunden werden, wie sie schmecken und was es sonst noch Interessantes über sie zu erzählen gibt.

Ein solches Printinserat stellt durchaus eine Konkurrenz für redaktionelle Beiträge dar, wenn es um die Aufmerksamkeit der Leser geht. Ach ja: Das Inserat stammt aus dem Jahr 1951. Werbe-Guru David Ogilvy, dessen Agentur das Sujet kreiert hat, meinte übrigens einmal: „Wir sollten Anzeigen verfassen, die die Leute gerne lesen. In leeren Kirchen ist es schwer, Seelen zu retten.“

Content Marketing in Zeiten von David Ogilvy
© „Ogilvy on advertising – I hate rules“


Im Anfang war der Inhalt

War Herr Ogilvy ein früher Prophet des Content Marketing? Handelt es sich beim „Guinness Guide to Oysters“ überhaupt um „Content“? Was meinen wir eigentlich, wenn wir diesen Hype-Begriff in den Mund nehmen? Manche Definitionen beschränken ihn auf die (digitalen) Inhalte einer Webseite. Der Duden wiederum spricht von „qualifiziertem“ Inhalt, an anderer Stelle liest man von „redaktionellen“ Inhalten. In diesem Fall würde eine gut gemachte Werbung nicht unter diesen Begriff fallen – ebenso wenig wie eine schlecht gemachte. Die englischsprachige Ausgabe des Internetlexikons Wikipedia ist beim Begriff „Content“ allgemeiner und spricht generell von Informationen und/oder Erfahrungen, die für ein Publikum zumindest in irgendeiner Art und Weise sinnvoll sind. In diesem Sinn verstanden kann Content im Prinzip (fast) alles sein: ein Artikel auf einer Online-Plattform oder in einem Printmagazin, ein Werbespot eines Unternehmens im Fernsehen oder auf Youtube, ein Podcast von Studenten usw. Auch das Austerninserat von Guinness kann so ganz problemlos unter dem Begriff „Content“ subsumiert werden.

Als der Wettbewerb die Sinne schärfte
„Content“ bezeichnet also keine besondere Form von Inhalt und auch weder einen bestimmten Produktions- noch einen bestimmten Verteilungsmodus. Es gibt guten und schlechten, originellen und langweiligen, werblichen ebenso wie an den Bedürfnissen des Rezipienten orientierten Content. Warum ist der Begriff dann in jedermanns Munde? Weil der Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Sympathie und Vertrauen ständig – noch – intensiver wird. Und Wettbewerb bedeutet, dass man sich stets ein bisschen mehr anstrengen muss. Er erinnert uns jeden Tag aufs Neue daran, dass wir in der Kommunikation eine Beziehung zum Gegenüber aufbauen müssen. Ein ganz klassischer Werbespot kann auf diese Weise so gut werden, dass er sich viral verbreitet und auf Youtube hunderttausende Klicks bekommt. Man denke nur an die sündhaft teuren Werbefilme, die in der Pause der Superbowl im amerikanischen Fernsehen geschalten werden – und die in der Folge auch über soziale Medien verbreitet und oft zu Online-Hits werden. Ganz klassische Werbung – oder doch moderner Content? Die Unterscheidung fällt schwer. Wohl aus einem einfachen Grund: Weil sie keinen Sinn ergibt.

P.S.: Dass gute Kommunikation irgendwas mit guten Inhalten zu tun hat, sollte niemanden allzu sehr überraschen. Können Corporate Publisher also gar nichts von der Debatte ums Content Marketing lernen? Doch, ich denke schon. Mehr dazu im zweiten Teil.