Feine Klinge statt Vorschlaghammer

Was kommt von einem Kunden- oder Mitarbeitermagazin beim Leser an und was bleibt? Ein Rundblick über wissenschaftliche Erkenntnisse zu Wirkung und Erfolgsrezepten von Corporate-Publishing-Produkten.

Der Markt für Kunden- und Mitarbeiterzeitschriften wächst. Und immer mehr Unternehmer sind überzeugt, dass sie ein sinn- und wirkungsvolles Kommunikationsmittel sind. Aber ist das nur ein subjektiver Eindruck oder lässt sich das auch wissenschaftlich belegen? Erstaunlicherweise scheinen sich die meisten Firmen wenig dafür zu interessieren, den Erfolg ihrer Publikationen zu messen – während dem Marketingcontrolling generell einige Beachtung zukommt. Man muss Studien rund um den Globus zur Hand nehmen, um einigermaßen fundiert beantwortet zu bekommen, was Corporate Publishing kann.

Kundenzeitungen bringen viel Aufmerksamkeit
Mit tube, d
em Kundenmagazin der Londoner U-Bahn, beschäftigt sich ein Leser durchschnittlich 25 Minuten, sagt eine Untersuchung im Auftrag der britischen Content Marketing Association. Eine deutsche Studie von TNS Emnid, die mehrere Titel einbezog, kommt mit 24,5 Minuten auf ein ähnliches Ergebnis. Und: Kundenmagazine landen nicht gleich im Altpapier. Die Zeitschrift einer Berliner Bank hatten drei Viertel der Empfänger nach drei Tagen noch aufgehoben. 40 Prozent gaben an, mindestens einen Beitrag davon gelesen zu haben, und fast alle konnten sich noch erinnern, worum es dabei ging. Bei der erwähnten britischen Studie gaben 62 Prozent an, das Magazin eine Woche oder länger aufzuheben. 

Noch beeindruckender, weil vielfach belegt, ist, wie viele der Leser nach der Lektüre auch aktiv werden. 53 Prozent der Leser eines deutschen Vermögensberater-Magazins geben an, wegen eines Beitrags schon einmal Kontakt mit ihrem Berater aufgenommen zu haben. Der gleiche Anteil gab bei einer australischen Studie an, zu einem Besuch der Unternehmens-Website angeregt worden zu sein. Bei tube nehmen rund 15 Prozent der Leser an den regelmäßigen Wettbewerben teil. Das deutsche BMW-Kundenmagazin hat 47 Prozent der Leser schon einmal zu einem Besuch beim Händler oder einer Kontaktaufnahme angeregt. 

Redaktionelle Inhalte kommen gut an
Dass es dem Image guttut, wenn Magazine nicht zu werblich und selbstbeweihräuchernd sind, ist eine Ansicht, die in Corporate-Publishing-Unternehmen weiter verbreitet ist als bei deren Kunden. Die Beweislage dafür ist zwar dünn, aber immerhin: Ein niederländisches Experiment verglich die Bewertungen von sechs Varianten eines Kundenmagazins, die verschieden werblich gestaltet waren. Ergebnis: Je kommerzieller ein Magazin daherkommt, desto weniger glaubwürdig ist es; auch die generelle Meinung über das Heft fiel schlechter aus. Eine deutsche Studie kam zu einem ähnlichen Resümee: Werbliche Beiträge hatten eine schlechtere Wirkung auf das Image des Herausgebers als redaktionell gestaltete. (Dünnes, billiges Papier kam übrigens ebenfalls schlecht weg.) Eine andere Untersuchung ergab, dass Leser öfter zu einem Kundenmagazin greifen, wenn sie diesem journalistische Qualität attestieren. Und eine Umfrage unter Deutschen ergab: 71 Prozent finden Unternehmen sympathischer, wenn sie von diesen mit journalistischen Medien angesprochen werden. 

Allerdings ist bei derartigen Aussagen auch Vorsicht angebracht: Wenn etwa die Leser des Kundenmagazins der Firma XY eine bessere Meinung über das Unternehmen haben als die Nichtleser, heißt das noch lange nicht, dass das Magazin dafür verantwortlich ist – es könnten ja auch Ursache und Wirkung verwechselt worden sein. Seriöse Anbieter, etwa das deutsche Institut TNS Emnid, das sich intensiv mit CP beschäftigt, wissen aber mit dieser Problematik durchaus umzugehen.

Eindeutiger als die Imagewirkung lassen sich jedenfalls andere Effekte eines Magazins messen. Vertriebsunterstützende Inhalte wie Coupons und Gutscheine funktionieren beispielsweise sehr gut. Noch nicht mit Zahlen belegt, aber von vielen Fachleuten vertreten wird dabei die These, dass man Produktbewerbung nicht einfach in die Texte mischen, sondern redaktionelle und werbliche Inhalte klar voneinander abgrenzen soll.

Erfahrung bringt Erfolg 
Kommen Reportagen besonders gut an? Wie ausführlich darf der Nachbericht zu einer Veranstaltung sein? Soll er überhaupt ins Heft? Welche Textgattungen und Elemente machen den Erfolg oder Misserfolg aus? Fragen wie diese wurden noch nicht mit allgemeingültigem Anspruch untersucht. TNS Emnid, das seit einigen Jahren auf Auftrag Kundenmagazine untersucht, hat allerdings die Ergebnisse aus 32.000 Leserinterviews zu 54 Magazinen ausgewertet und einige Regelmäßigkeiten erkannt. Eine Kernaussage: Ein guter Themenmix ist essenziell, schlechte Themenauswahl beeinträchtigt den Gesamteindruck massiv. Es zahlt sich demnach aus, in eine professionelle, erfahrene Redaktion zu investieren, die ein gutes Gespür für interessante Themen hat. Weitere Erkenntnisse: Hohe Seitenzahlen und Erscheinungsfrequenz (mindestens viermal jährlich) schaffen eine hohe Leser-Blatt-Bindung und persönlich adressierte Zustellung bringt anteilig deutlich mehr „Kernleser“ (die jede Ausgabe lesen) als frei aufliegende Magazine und Supplements.

Dieser Artikel erschien erstmals in periodicum 1/2013