Das Ja-Wort und andere Kommunikationsziele

Nicht immer wollen alle Teilnehmer einer Redaktionssitzung dasselbe: Dann heißt es, sich zusamm­enstreiten, Ziele setzen und Kompromisse eingehen. In einer Ehe ist das ähnlich ...

Zwei meiner besten Freunde wollten heiraten. Die Braut rief mich an und fragte, ob ich die Pferdekutsche eines Bekannten organisieren könne. Ihr Zukünftiger hatte andere Pläne. Er ersuchte mich, eine Hardrockband aufzutreiben. „Wär cool, wenn die vor dem Standesamt losdröhnen und ich komm mit meiner Harley angeknattert und fahr durchs Spalier auf die Dorli zu!“

Wie da jeder den anderen überraschen wollte, klang nach ­einem spannenden Nachmittag ... Oder nach einem Desaster, bei dem das Motorrad auf die Kutsche zuprescht und die Pferde durchgehen. Um das zu verhindern, musste ich es irgendwie schaffen, die auf den ersten Blick unvereinbaren Vorstellungen der beiden aufeinander abzustimmen.

Und darin habe ich Übung: Wenn es um Mitarbeiterkommunikation geht, reden meist auch mehrere Abteilungen mit: Human Resources, Marketing, Geschäftsführung, Niederlassungsleiter, Betriebsrat ... Nicht selten gibt es, bevor ein Mitarbeitermagazin auf Schiene geht, kein definiertes Kommunikationsziel. Dann liegt es an uns als Agentur, die Wünsche zu sichten, zu ordnen und dabei zu helfen, sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Viele Unternehmen schätzen es, wenn ein externer Partner ihre Diskussionsprozesse um die Sicht von außen bereichert.

Allerdings steht auch am Ende nicht immer ein klar formuliertes Ziel. Manchmal entschließt man sich, ein gewisses Maß an Diversität zuzulassen, also beispielsweise für einzelne Teilbereiche des Magazins unterschiedliche Prioritäten zu setzen. Das ist zwar nicht der Weg nach Lehrbuch, mitunter funktioniert er aber. Ich habe schon Teams erlebt, die sich von Redaktionssitzung zu Redaktionssitzung stärker annäherten und die Kommunikationsziele direkt aus der Praxis heraus entwickelten.

So ähnlich wie bei einer Ehe eben: Fred und Dorli werden hoffentlich ein Leben lang an ihrer Beziehung arbeiten und wachsen. Für die Hochzeit haben wir aber gleich eine Lösung gefunden. Zum Standesamt fährt Dorli mit der Kutsche, es gibt blumenstreuende Kinder und „You’ve got a friend“ auf der Wandergitarre. Nach der Zeremonie wird zur Agape Hardrock gespielt und danach rauschen die beiden auf der Harley ab.

Diese Kolumne erschien erstmals in der Printausgabe der Tageszeitung „Der Standard“ vom 31. Oktober.