Geschirr spülen

Vom Geschirr­spüler zum Ideenmanagement

Manchmal habe ich seltsame Assoziationen. Das hilft mir beim Finden von Storys, Headlines oder Bildideen. Neulich aber half es mir an eher ungewöhnlicher Stelle – beim Argumentieren nämlich.

Ich saß in einer Redaktionssitzung für das Mitarbeitermagazin eines mittelgroßen Unternehmens. Der HR-Manager lamentierte über das interne Ideenmanagement. Die neue Plattform funktioniere nicht, keiner melde etwas ein. Dabei seien doch die Spielregeln ganz einfach: Zeitnah realisierbar sollen die Ideen sein – und zwar von dem, der sie einbringt.

„Wer kocht, wäscht auch ab“, rutschte es mir da heraus. Leise zwar, aber der HR-Chef saß direkt neben mir und hörte es. Kurz sah er mich konsterniert an, dann sagte er: „Das funktioniert nicht. Meine Frau und ich haben es ausprobiert. Keiner wollte mehr kochen, obwohl wir das bis dahin gern getan hatten!“

Dann stutzte er – und verstand. Er entschied das, was die ­Kommunikationschefin und ihr Team ihm schon längst empfohlen hatten, nämlich, dass derjenige, der eine Idee einmeldet, sie nicht unbedingt auch selbst umsetzen muss.

So weit, die Ideen überhaupt sprudeln zu lassen, egal ob sie zeitnah umsetzbar sind oder nicht, ging er leider nicht. Hier halfen keine Argumente, warum Ideen am besten ohne Schranken fließen. „Aber vielleicht“, so meinte die Kommunikationschefin später, „fällt uns ja bis zur nächsten Sitzung eine Geschichte ein, wie wir ihn auch davon überzeugen können!“

Doch auch so klappt das firmeninterne Ideenmanagement jetzt wesentlich besser. Dem erneuten Aufruf im Mitarbeitermagazin, Inputs zu liefern, sind schon einige Leute gefolgt. Und der HR-Chef und seine Frau haben ihr Problem auch längst gelöst: Sie tauschten ihren alten Geschirrspüler gegen ein Industrie­modell, in dem sämtliche Pfannen und Töpfe Platz finden. ­Seither wird wieder gekocht, versicherte er mir nach der Redaktions­sitzung bei einer Zigarette.

So habe ich an diesem Tag gleich zwei Dinge gelernt: dass ich unbedingt auch so einen Industriegeschirrspüler brauche und dass man mit Geschichten nicht nur Emotionen wecken, sondern auch argumentieren und andere überzeugen kann.

Diese Kolumne erschien erstmals in der Printausgabe der Tageszeitung "Der Standard" vom 14. November.